Gründet Solidaritätstreffs: Für organisierte und schlagkräftige Kolleg:innen und Belegschaften.
An dieser Stelle dokumentieren wir und rufen in einem Manifest dazu auf, Strukturen für den Kampf gegen schlechte Arbeitsbedingungen und für (über-)betriebliche Solidarität und Organisierung aufzubauen. Doch vorab ein paar Vorbemerkungen:
Februar 2020 begründeten wir den Solidaritätstreff und arbeiten seitdem kontuinerlich als sozialistische Stadtteilorganisation „Hände weg vom Wedding“ an der Organisierung von Kolleg:innen in den Trägern und Projekten der Sozialen Arbeit.
Nach unzähligen erfolgreichen Kundgebungen und Demonstrationen, 58 erkenntnisreichen und kämpferischen Solidaritätstreffs, Veranstaltungen mit Berufsverbänden und Gewerkschaften, der Veröffentlichung von zwei Handreichungen „Hart am Limit“ “ zu betrieblicher Organisierung als praktischen Aufbauhilfen und Unterstützungen von Betriebsräten, die hundertfach gedruckt und in Berlin und bundesweit verteilt wurden, Austauschen zur Notwendigkeit der Organisierung von uns Lohnabhängigen mit Studierenden und Lehrenden u.v.m. blicken wir auf eine kämpferische Zeit zurück, in der sich in Neukölln und Friedrichshain-Kreuzberg und sogar in Frankfurt am Main weitere Treffs gründeten.
Die branchenübergreifende Verschränkung und Solidarität von Arbeits- und Betriebskämpfen werden wir weiter in unseren Fokus rücken, um in den Zeiten der Rechtsentwicklung und der Angriffe auf uns Kolleg:innen und unsere Zielgruppen noch handlungsfähiger zu werden.
Ab Juni 2025 übergeben wir das etablierte sozialistische Modellprojekt Solidaritätstreff an die über die Jahre gewonnenen, aktiven Kolleg:innen und widmen uns als Organisation weiteren Themen. Wir sind somit politisch und organisatorisch nicht mehr verantwortlich für den Solidaritätstreff und werden unsere Kräfte auf neue inhaltliche Schwerpunkte und Projekte konzentrieren.
Wir freuen uns, den Solidaritätstreff und seine starken Aktiven selbstverständlich auch weiterhin im sozialen Zentrum des „Kiezhauses Agnes Reinhold“ verankert zu sehen.
Auch zukünftig heißt es: Wir kämpfen gemeinsam!
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Manifest: Gründet Solidaritätstreffs!
Für organisierte und schlagkräftige Kolleg:innen und Belegschaften.
Unsere Branche der Sozialen Arbeit zeichnet sich durch hohe Arbeitsbelastung, niedrige Löhne, Spardruck von oben und eine permanente Unterfinanzierung aus. Während hunderte Milliarden für Aufrüstung und Militarismus, Krieg und Tod, verbrannt werden, soll bei uns, unseren Projekten und unseren Zielgruppen der Rotstift angesetzt werden.
Dieser Zustand wird sich nicht von allein ändern. Für die kommenden Haushalte ist weiteres Sparen angekündigt . Dies geht zu Lasten der physischen und geistigen Gesundheit von uns, unseren Kolleg:innen und unseren Zielgruppen.
Soziale Arbeit ist für Menschen
Unsere Professionen und unsere Arbeit, sichern tagtäglich unzähligen Menschen das Überleben und ihre Rechte. Im System des Kapitalismus, wo Profite und Renditen über die Würde des Menschen gestellt werden, wo Ausbeutung und Unterdrückung zur Bereicherung Weniger, aber zur Armut und Entrechtung Vieler fester Bestandteil sind, sind es wir Fachkräfte, die mit den gröbsten Widersprüche des Kapitalismus arbeiten müssen. Während die Soziale Arbeit von den Herrschenden die Funktion zugewiesen bekam, die sozialen Konflikte zu befrieden, sind wir es, die den Mund für soziale Gerechtigkeit aufmachen. Denn wir wissen, was dieses System den Menschen antut.
Schluss mit Niedriglohn und Spardikate von oben
Aus unserer Arbeitspraxis wissen wir: Dieses System spart unsere Zielgruppen und uns an die Grenzen des Erträglichen. Unsere Professionsethik, unsere Überzeugungen und fachlichen Standards zwingen uns dazu zu sagen: Schluss mit prekären und ausbeuterischen Arbeitsbedingungen. Schluss mit mangelnder Finanzierung! Als feminisierte Branche der Reproduktionsarbeit werden wir sowohl materiell als auch politisch von der herrschenden Politik abgewertet. Wir stehen darum aus Überzeugung auf und bringen uns unermüdlich ein, für Gerechtigkeit und ein würdiges Leben.
Politische Lösungen für soziale Probleme
Es sind wir, die um die Realitäten auf den Straßen, in den Stadtteilen, bei den Menschen, die nicht zu den Profiteur:innen im Kapitalismus wissen. Wir sehen, was dieses auf Konkurrenz und Ausbeutung basierende System verursacht. Es sind wir, die die Verantwortung haben, aus unseren verschiedenen Arbeitsbereichen heraus gemeinsam hinzusehen, wo viele wegschauen, auszusprechen, was ist. Der Kapitalismus trägt die soziale Ungerechtigkeit wie die Wolke den Regen. Darum ist es wichtig, unser Wissen in eine Organisierung zu tragen, die die Ausbeutung von Mensch und Umwelt zugunsten der Profite der Reichen mittels einer politischen Organisierung überwindet. Wir sehen die Auswirkungen der Klassengesellschaft – und es liegt an uns, sie abzuschaffen. Gemeinsam kämpfen wir für eine soziale, gerechte, friedliche und wirklich demokratische Gesellschaft. Das ist die Bedeutung des Engagements für eine sozialistische Ordnung.
„Zu sagen was ist, bleibt die revolutionärste Tat“ (Rosa Luxemburg)
Gemeinsam für bessere Arbeitsbedingungen
Wir verfallen nicht in Meckerei, Burn Out und Resignation: Denn Soziale Arbeit muss sich einmischen. Unsere Kämpfe für bessere Arbeitsbedingungen sind Ausgangspunkte für eine soziale Daseinsfürsorge, die ihren Namen auch verdient. Es braucht daher starke betriebliche und gewerkschaftliche Organisierungen, um gute Tarifabschlüsse und die Anbindung an diese, materielle, finanzielle und politische Anerkennung unserer wichtigen Arbeit erstreiten zu können. Alleine können wir das nicht. Teilzeit, Befristungen, fehlende Tarifbindungen, dezentrale Arbeitsorte und das Damoklesschwert der Sparpolitik kennen wir nur zu gut. Viele fühlen sich mit den Problemen überlastet und allein gelassen. Darum braucht es die Solidaritätstreffs als verlässliche, kontinuierliche Austausch-, Vernetzungs- und praktische Solidaritätsorte.In Ihnen werden die Verhältnisse benannt und verändert.
Soziale Arbeit in die Offensive!
Gerade jetzt liegt es an uns Lohnabhängigen, sich den Einsparungen und den Erzählungen von oben, wir sollen verzichten, zu widersetzen. Es braucht starke Betriebsräte, Betriebsgruppen und Aktive in den Gewerkschaften unserer Branche, die Ihre Stimme erheben. Daher ist ein Ort der regelmäßigen, kollektiven Stärkung wichtig, um wahrnehmbar nach außen treten zu können. Mit den Solidaritätstreffs schaffen wir gemeinsam Orte der gelebten Klassensolidarität . Und es braucht mehr dieser Treffs. Nichts und niemand ist schlagkräftiger als Lohnabhängige, die ihre Handlungsmacht durch Kollektivität und ihr politisches Engagement zur Abschaffung der Klassenherrschaft erkennen. Daher unterstützen wir praktisch den Aufbau betrieblicher Mitbestimmung praktisch und stärken Gewerkschaften und ihre Kampagnen von links – als Organe unserer Interessen von uns als Arbeiter:innen. Es ist Zeit zu handeln!
Wir rufen euch Kolleg:innen der Sozialen Arbeit bundesweit auf.
Gründet Solidaritätstreffs! Für organisierte und schlagkräftige Kolleg:innen und Belegschaften.
Die entwickelten Leitlinien eines Solidaritätstreffs sind:
1) Wir organisieren uns gewerkschaftlich, weil wir nur so unsere Arbeitsbedingungen substanziell verbessern können.
2) Wir organisieren uns politisch, weil der sozialstaatliche Sparzwang erst für die allbekannten Probleme der Sozialen Arbeit wie geringe Löhne, hohe Arbeitsbelastung, ständige Befristung, knappe Sachmittel und Deprofessionalisierung sorgt.
3) Wir organisieren uns marxistisch, weil wir so unsere Position im kapitalistischen Produktionsprozess erkennen und uns gemeinsam gegen die systematisch angelegte Unterdrückung in der Klassengesellschaft organisieren können.
4) Wir organisieren uns feministisch, weil Reproduktionsarbeit immer noch überwiegend von Frauen geleistet wird und feministische Perspektiven dazu beitragen, die tief verwurzelte patriarchale Prägung der Arbeitsbedingungen in der Sozialen Arbeit aufzudecken und zu bekämpfen.
5) Wir organisieren uns sozialistisch, weil eine Welt, in der die Bedürfnisse aller im Mittelpunkt stehen, gerechter und menschlicher ist als eine, in der nur der Profit zählt.
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In Berlin bestehen derzeit drei Solidaritätstreffs: In Wedding, Neukölln und Friedrichshain-Keuzberg.
Solidaritätstreff „Hart am Limit – Soziale Arbeit im Kapitalismus“ (Wedding)
jeden 3. Mittwoch im Monat um 19:00 Uhr
Kiezhaus Agnes Reinhold
Afrikanische Straße 74
13351 Berlin
solitreff@riseup.net
Kontakt Instagram: @solitreff
Kontakt Telegram: t.me/Solitreff
Hier bekommt ihr Beratung und praktische Unterstützung im Aufbau von Solidaritätstreffs.
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Solidaritätstreff Neukölln – Für eine kämpferische Soziale Arbeit
Jeden 2. Dienstag im Monat um 19:30 Uhr
Kiezladen
Sonnenallee 154
12059 Berlin
Kontakt Instagram: @solitreff_neukoelln
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Solidaritätstreff Soziale Arbeit Friedrichshain-Kreuzberg
Jeden 3. Montag im Monat um 19:00 Uhr
Aquarium im Südblock
Admiralstr. 1-2
10999 Berlin