Unser Selbstverständnis


„Hände weg vom Wedding“ ist eine linke Stadtteilgruppe im Norden Berlins. Seit 2012 organisieren wir uns gegen den Ausverkauf des Wedding und andere soziale Missstände in unserem Kiez. Wir sind überzeugt, dass der Widerstand gegen neoliberale Politik und Rechtsruck vor der eigenen Haustür beginnen muss. Uns ist klar, dass nur durch eine ernsthafte und kontinuierliche Organisierung vor Ort eine Gegenmacht zu den autoritären Tendenzen in unserer Gesellschaft aufgebaut werden kann.

Ausgangspunkt sind dabei stets konkrete Probleme in unserem Kiez. Daher mischen wir uns ein und kämpfen gemeinsam mit Nachbar*innen gegen hohe Mieten, schlechte Arbeitsbedingungen, rassistische Polizeikontrollen und sexistische Diskriminierung. Auf diese Art und Weise verankern wir antikapitalistische und revolutionäre Kämpfe lokal und treten gemeinsam mit anderen Initiativen für ein lebenswertes Viertel und eine sozialistische Stadt ein. Ein wichtiges Projekt ist dabei das Kiezhaus Agnes Reinhold, ein Raum für selbstorganisierte, revolutionäre Politik, den wir gemeinsam mit anderen Gruppen betreiben.

Wir organisieren uns in einem rätekommunistischen Modell, das sich durch demokratische Entscheidungsstrukturen, verbindliche Arbeitsteilung und vielfältige Beteiligungsmöglichkeiten auszeichnet. Dadurch wollen wir unsere politische Arbeit effektiv und transparent gestalten und Interessierten die unkomplizierte Möglichkeit zum Mitmachen geben. Zugleich dient uns der Rätekommunismus als Inspiration unserer politischen Organisierung. Das heißt, dass wir eine umfassende Demokratisierung unseres Zusammenlebens auf der Grundlage von direkter Mitbestimmung in allen Lebensbereichen anstreben. Nur so können wir eine Gesellschaft aufbauen, in der die Menschen selbstorganisiert und frei über ihre Lebensbedingungen entscheiden können und die Grundbedürfnisse aller Menschen weltweit erfüllt werden.

In unserer täglichen Arbeit organisieren wir uns in Kommissionen, die sich auf bestimmte Bereiche spezialisieren. Derzeit arbeiten wir zu folgenden Themen:

Mietenkämpfe
Als Mieter*innen sind wir täglich mit steigenden Mieten, Zwangsräumungen, Eigenbedarfskündigungen oder Investorengroßprojekten konfrontiert. Gemeinsam organisieren wir uns gegen Spekulanten und die unsoziale Stadtpolitik im Wedding. Durch Kundgebungen, Hausversammlungen und Öffentlichkeitsarbeit bauen wir Druck auf und fordern die Vergesellschaftung sowie die demokratische Verwaltung des Wohnraums.

Feminismus
Wir kämpfen gegen Sexismus und patriarchale Unterdrückung und stärken feministische Perspektiven innerhalb der sozialen Kämpfe in unserem Viertel. An vorderster Stelle steht für uns die Solidarität mit den Frauen und Queers der ausgebeuteten Klasse. Wir fordern Selbstbestimmung unabhängig von Geschlecht, Klasse oder Herkunft und fördern in unserer Praxis ein Bewusstsein für die politische Natur privater Probleme.

Arbeitskämpfe
Wir stehen an der Seite organisierter Belegschaften in unserem Kiez. Die Kämpfe der Lohnabhängigen sind für uns ein essenzieller Bestandteil linker Politik. Ob schlechte Bezahlung, Outsourcing oder Union-Busting – wir stellen uns gemeinsam mit den Betroffenen gegen Ausbeutung und streiten für die Kontrolle der Produktion durch die Arbeiter*innen.

Antifaschismus
Ein antifaschistischer Konsens durchdringt alle unsere Arbeitsfelder. Darüber hinaus unterstützen wir die bereits bestehende aktive migrantische Selbstorganisation im Kiez, um letztlich gemeinsam gegen Faschismus und Ausbeutung aktiv zu werden. Mit Solidaritätsaktionen, Gedenkarbeit und offenen Vernetzungsangeboten stellen wir uns gegen Rassismus und Ausgrenzung.

Mehr zu unserer Debatte und internen Struktur findet ihr hier und hier.

Uns ist bewusst, dass eine breite linke Bewegung nötig ist, um den Kapitalismus zu überwinden. Denn nur eine grenzüberschreitende Revolution und die konsequente Enteignung der Kapitalist*innen kann den Weg für eine menschlichere Gesellschaft öffnen. Deswegen ist es uns wichtig über den Tellerrand hinaus zu blicken und uns mit anderen revolutionären Gruppen auf nationaler und internationaler Ebene zu solidarisieren und perspektivisch zu organisieren. Dadurch sollen nicht nur ein solidarischer Austausch und gemeinsames Lernen ermöglicht, sondern gleichzeitig verschiedene Kämpfe verbunden und gestärkt werden.

Wir werden viel Geduld und Ausdauer brauchen, um unseren Zielen einer anderen Gesellschaft Stück für Stück näher zu kommen. Doch wir sind überzeugt, dass es keinen anderen Weg als den konsequenten und selbstorganisierten Klassenkampf von unten gibt, um der kapitalistischen Ausbeutung und Unterdrückung ein Ende zu bereiten.

Wedding, April 2020