Überarbeiteter Politischer Forderungskatalog (2020/21)


Die Corona-Pandemie hinterlässt seit Anfang 2020 tiefe Einschnitte in unserer Gesellschaft. Sie drückt sich in einer heftigen sozialen, politischen und wirtschaftlichen Krise aus. Die weiteren mittel- und langfristigen Folgen sind dabei noch nicht absehbar.

Klar ist aber bereits jetzt, dass weder die Bundesregierung noch die rot-rot-grüne Koalition in Berlin gewillt sind, die Krise im Sinne der Lohnabhängigen anzugehen. Mit milliardenschweren Hilfspaketen wird vorgegeben, die kommende Wirtschaftskrise unter Kontrolle zu bekommen.

Dabei fließt das Geld vor allem an die großen Unternehmen. Aktionäre fahren ungehindert fette Gewinne ein. Zugleich verlieren Lohnarbeitende gerade zu Tausenden ihre Jobs. Während die Profite und Renditen der Reichen vom Staat abgesichtert werden, fürchten viele von uns um unsere Zukunft. Die Politik von Bund und Senat ist zumeist alles andere als sozial: Der Berliner Senat hat dem Multimilliardär René Benko Millionen Euro an direkter und indirekter Förderung gegeben. Im Gegenzug schloss dieser „nur“ 6 Karstadt-Filialen.

Hunderte Kolleg*innen landen so auf der Straße, während die Eigentümer weiter viel Geld in ihre Tasche stopfen. Die aktuellen Maßnahmen des Staates zielen in erster Linie darauf ab, die kapitalistische Produktion aufrecht zu erhalten. Und in diesem System haben nicht Mensch und Natur Vorrang, sondern die Produktion von Waren und der Warenverkehr – und damit verbunden die Profite der großen Unternehmen.

Während das öffentliche und kulturelle Leben sowie die Freizeit der Arbeiter*innen nach Belieben eingeschränkt werden, sollen wir in den Büros, Fabriken und Logistikzentren weiter ackern. Dabei stecken wir uns auf Arbeit oder in der vollen Bahn ebenfalls an. Das Krisenmanagement der Regierung hat gezeigt, dass wir nicht alle in einem Boot sitzen. Die Wirtschaftskrise wird uns nicht alle gleich treffen.

Es trifft uns!

  • Es sind wir, die Arbeitenden in Billigjobs, Sozial- und Pflegeberufen oder in den so genannten „Schlüsselindustrien“, die einer erhöhten Ansteckungsgefahr ausgesetzt sind.
  • Es sind wir, die keine private Krankenversicherung haben und nicht bevorzugt behandelt werden. Wir sitzen in überfüllten Warteräumen in Arztpraxen und Mehrbettzimmern in Krankenhäusern und hoffen auf das Beste, da wir weniger Geld einbringen als Privatversicherte.
  • Es sind wir, die unsichere Jobs haben. Lohnfortzahlung gibt es nicht für alle: Bei Krankheit steht für viele gleich die wirtschaftliche Existenz auf dem Spiel.
  • Es sind wir, die jeden Tag in Großraumbüros und Fabriken schuften müssen, damit Unternehmen weiterhin Gewinne machen können.
  • Es sind wir, die arbeitslos werden, die die Miete nicht mehr zahlen können und Angst um unsere Wohnung haben müssen. Aber in den letzten Monaten ist immer mehr Menschen klar geworden, dass der schwere Verlauf der Krise im Kapitalismus begründet liegt.

Lügen von rechts

Die Ursachen von Pandemien, von Armut und Entwürdigung sind dabei nicht in Verschwörungen von angeblichen Weltbeherrschern zu suchen. DieseUrsachen sind Folge der Ausbeutung des Menschen und der Natur durch die Menschen selbst.

Rechter und verschwörungsmythischer Blödsinn lenkt nur von den realen Ursachen der Krise des Kapitalismus ab.

Darum keinen Fußbreit für Verschwörungsideologen! Gegen die Gefahr von Rechts und das neoliberale „Weiter-so“ der Herrschenden hilft nur der entschlossene Klassenkampf von unten! Wir stehen daher für eine sozialistische und solidarische Gesellschaft, in der die Wirtschaft dem Menschen dient und nicht dem Profit von Wenigen!

Wir fordern eine soziale und demokratische Lösung der Krise!

Vergesellschaftung des Gesundheitswesens:

Das Gesundheitssystem wurde in den letzten Jahrzehnten systematisch kaputtgespart und privatisiert. Doch nur ein leistungsfähiges, öffentliches Gesundheitswesen kann allen Menschen unabhängig von Einkommen oder Aufenthaltsstatus angemessenen Zugang zu medizinischer Versorgung gewährleisten.

  • Wir fordern ein Ende der Privatisierung!
  • Krankenhäuser und Medikamentenforschung müssen demokratisch organisiert werden und dürfen nicht in der Hand profitorientierter Unternehmen liegen!
  • Unsere Gesundheit ist keine Ware auf dem kapitalistischen Markt! Keine Profite mit unserer Gesundheit!
  • Abschaffung der Zwei-Klassen-Medizin: uneingeschränkte Gesundheit für alle!

Gute Arbeitsbedingungen:

Zu Beginn der Corona-Krise wurde viel von den schlechten Arbeitsbedingungen in „systemrelevanten“ Berufen geredet. Geändert hat sich kaum etwas! Doch nur gute Löhne und anständige Arbeitsbedingungen ermöglichen eine funktionierende und demokratische Gesellschaft.

  • Alle Kolleg*innen in der Pflege, im Sozial- und Gesundheitswesen und daran hängenden Bereichen wie Catering, Logistik, Technik usw. müssen angemessen entlohnt werden!
  • Für ein Verbot von Outsourcing und Leiharbeit!
  • Ünterstützung aller Streiks für bessere Löhneund Arbeitsbedingungen!
  • Stärkung von Arbeiter*innenrechten und Betriebsräten gerade jetzt!

Recht auf Wohnen:

Gesundheit und Würde hängen von der Verfügbarkeit von Wohnraum für alle Menschen ab. Geflüchtete und Obdachlose sind durch Lagerunterbringungen oder fehlenden Wohnraum besonders gefährdet an Covid-19 zu erkranken. Eine dezentrale und menschenwürdige Unterbringung aller ist dringend notwendig, um Leben zu schützen.

  • Stopp aller Zwangsräumungen! Stopp aller Wasser-, Gas- und Stromsperren!
  • Große Wohnungsunternehmen enteignen und leer stehenden Wohnraum verteilen!
  • Die Versorgung mit Wohnraum muss jenseits vom Profit der Reichen organisiert werden!
  • Streichen statt Stunden: Mietschulden für Gewerbe und Wohnen erlassen!
  • Konsequenter Schutz von Gewerbe und drastische Senkung der Mieten!

Demokratische Grundrechte verteidigen heißt:

Manche Beschneidungen des öffentlichen Lebens sind notwendig. Doch die letzten Monate haben gezeigt, dass der Infektionsschutz auch zur Verhinderung von Demonstrationen und Streiks genutzt wurde. Es liegt an uns den repressiven Charakter des Ausnahmezustandes kritisch zu hinterfragen und das Feld nicht den verschwörungsgläubigen Corona-Leugner*innen zu überlassen.

  • Kein Lockdown für unsere Grundrechte!
  • Keine Beschneidung von Streiks, Arbeitskämp-fen und Demonstrationen!
  • Demokratische Kontrolle der Gesellschaft statt rechtsfreie Räume im Polizeiapparat!
  • Rassistische Polizeikontrollen und rechte Netzwerke in der Polizei aufdecken und bekämpfen!
  • Dieser Ausnahmezustand darf nicht zum Normalzustand werden!

Demokratische Kontrolle der Gesellschaft statt rechtsfreie Räume im Polizeiapparat!

Gechlechtergerechtigkeit erkämpfen:

Die Auswirkungen der Pandemie treffen Frauen* besonders hart. Frauen* tragen die Hauptlast bei der Versorgung von Patientinnen und Angehörigen, sind überproportional in prekären Sektoren beschäftigt und von Gewalt im Nahraum betroffen. Während der öffentliche Raum schrumpft, ist das eigene Zuhause für Frauen nicht zwangsläufig ein Schutzraum. Für viele bedeutet die Zurückdrängung ins Private eine Doppelbelastung und weniger Schutz vor häuslicher Gewalt.

  • Frauen*- und Geburtshäuser sowie kostenlose Unterstützungsnetzwerke ausbauen!
  • Gleicher Lohn unabhängig von Geschlecht oder Herkunft!
  • Insbesondere gerechte und angemessene Bezahlung für Pflege-, Sorge- und Reinigungsarbeit!
  • Hausarbeit als Arbeit anerkennen! Haus- und Sorgearbeit gerecht und gemeinschaftlich organisieren!

Grenzenlose Solidarität

Ob Geflüchtetenunterkünfte in Berlin oder die Lager auf den griechischen Inseln: Die letzten Monate haben wieder einmal gezeigt, wie unmenschlich Europas und Deutschlands Migrationspolitik ist.

  • Bleiberecht für alle illegalisierten Migrant*innen und eine menschenwürdige Unterbringung!
  • Auflösung aller Lager und humanitäre Aufnahme der feststeckenden Menschen vor den EU-Außengrenzen jetzt!
  • Dezentrale Unterbringung aller Geflüchteten!

Kapitalismus abschaffen heißt für uns:

Als Arbeiter*innen nehmen wir die Produktion selbst in die Hand und organisieren sie demokratisch. Die Herstellung und Verteilung von Waren soll nach den wirklichen Bedürfnissen der Gesellschaft planvoll ausgerichtet werden. Denn der freie Markt garantiert unsere Versorgung nicht.

Der Kapitalismus führt zu Wirtschaftskrisen, Krieg, Klimawandel, Luftverschmutzung, Nahrungsmittelengpässen und eben zu Pandemien.

Die Corona-Krise hat gezeigt, dass wir die weltweite Wirtschaft radikal verändern müssen. Nur durch einen sozialen und ökologischen Umbau unserer Produktions- und Lebensweise kann eine solidarische und wirklich demokratische Gesellschaft entstehen.

  • Wir müssen handeln! Umverteilung des Reichtums von oben nach unten!

Die Lösung der Krise liegt bei uns gemeinsam!

Wedding solidarisch
Hände weg vom Wedding
November 2020