Erklärung: Unsere Solidarität gegen Demokratieabbau, Entpolitisierung der Sozialen Arbeit und Angst

Wir als Solidaritätstreff Soziale Arbeit aus Berlin-Wedding verurteilen die politische Kündigung der Kollegin Shokoofeh Montazeri und die Kündigung der Leistungs- und Nutzungsverträge für die Mädchen*zentren Alia und Phantalisa durch das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg! 

Was ist passiert?

Ein rechter Social-Media-Account (Name ist bekannt) hat in der vergangenen Woche eine Kollegin öffentlich denunziert. Mit einem Instagram-Beitrag und einer E-Mail an den Träger Frieda e.V. sowie das Bezirksamt wurde der Kollegin auf verleumderische Art „Antisemitismus“ unterstellt. [1] Ihr politisches Engagement für ein Ende des Krieges in Gaza, für Völkerverständigung und gegen Rassismus wurde wahrheitswidrig als „antisemitisch“ dargestellt. Mit diesem Rufmord und der rechten Hetze, die bewusst die Entlassung der Kollegin, die Gefährdung der beiden Mädchen*zentren sowie das Vor-Die-Tür-Setzen der Klient:innen gewollt hat, ist erneut eine erschreckender gesellschaftlicher Tiefpunkt erreicht worden. 

Die sofortige Beendigung des blutigen Krieges mit mehr als 1.200 Toten in Israel, mehr als 34.000 Toten in Gaza und weiteren hunderten Toten in der besetzten Westbank (Stand 20. April 2024) zu fördern, ist eine zutiefst menschliche Pflicht. Der Bezirk hat angesichts dessen das Schlechtestmögliche getan: In der Mitteilung des Jugendstadtrates Max Kindler (CDU, Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg) vom 17.04.2024 über die fristlose Kündigung des Leistungsvertrages mit dem genannten Träger wurden:
1. die demokratischen und politischen Rechte der Kollegin verneint und 
2. die Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung per se kriminalisiert. 

Die unverantwortliche Entscheidung des Bezirksamtes wird in dem uns vorliegenden Schreiben des Jugendstadtrates mit dem Verweis auf privat „gelikte“ Instagram-Beiträge, einem Auftritt der Kollegin bei dem massiv angegegriffenen und politisch-gewollt verbotenem Palästina-Kongress am 12.04.2024 sowie einem BZ-Artikel gerechtfertigt. [2] Dieser Zustand ist nicht hinnehmbar, wenn wir als Fachkräfte einen bedeutenden Auftrag wahrnehmen müssen: Aktiv für den globalen Frieden und soziale Gerechtigkeit zu streiten!

Soziale Arbeit als politische und fachliche Profession heißt: Partei zu ergreifen

Die Kündigungen des Arbeitsverhältnisses mit der Kollegin sowie der Leitungsverträge stellen einen massiven Angriff auf unser Berufsbild dar. Als Fachkräfte der Sozialen Arbeit müssen wir uns dagegen wehren, wenn mittels anonymer Denunziation, Verleumdung und Hetze unsere Einrichtungen, unsere Arbeitsverhältnisse und unsere Zielgruppen gefährdet werden. Denn dieser unhaltbare Zustand betrifft uns alle. In der international anerkannten Definition der Sozialen Arbeit heißt es u.a.:

„Soziale Arbeit fördert als praxisorientierte Profession und wissenschaftliche Disziplin gesellschaftliche Veränderungen, soziale Entwicklungen und den sozialen Zusammenhalt sowie die Stärkung der Autonomie und Selbstbestimmung von Menschen.
Die Prinzipien sozialer Gerechtigkeit, die Menschenrechte, die gemeinsame Verantwortung und die Achtung der Vielfalt bilden die Grundlage der Sozialen Arbeit. […]“

Die Definition zum Auftrag der Sozialen Arbeit ist auf der Seite des Deutschen Berufsverbandes der Sozialen Arbeit (DBSH) abrufbar:

Diese Berufsethik gilt es zu schützen und unermüdlich Partei für ihre Inhalte zu ergreifen. Wir wissen: Die sich liberal gebende Demokratie rückt immer weiter nach rechts. Die politischen Akteur:innen nutzen so massiv wie nie politisch instrumentalisierte Antisemitismus-Vorwürfe und (anti-muslimischen) Rassismus gegen das fachliche und politische Engagement für Frieden und soziale Gerechtigkeit. Damit verhindern sie allerdings unsere tagtägliche Arbeit gegen Rassismus und Antisemitismus, die sie angeblich fördern wollen! 

Diese Vorwürfe sollen schlussendlich dazu dienen, die Soziale Arbeit den herrschenden Interessen dienlich zu machen. Sie lösen dort Angst aus und bestrafen Kolleg:innen, Einrichtungen und Zielgruppen, wo sie sich nicht für die herrschende Kriegspolitik und Herrschaftsinteressen assimilieren lassen. Damit muss Schluss sein.

1. Als Kolleg:innen sind wir solidarisch mit all jenen, die aussprechen was ist, engagiert sind und Courage zeigen. 

2. Gemeinsam verurteilen wir die Angriffe auf unsere Profession, unsere Berufsethik und unsere Kolleg:innen! 

3. Als Fachkräfte liegt es an uns sich stark zu machen: Gegen Demokratieabbau und die Angst der schweigenden Mehrheit. Für ein starkes, solidarisches Engagement für Frieden und soziale Gerechtigkeit!

Wir fordern vom Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg die sofortige Rücknahme aller Kündigungen und die berufliche Rehabilitierung der Kollegin Shokoofeh Montazeri!

Eine Solidaritätserklärung vom Solidaritätstreff Soziale Arbeit und Hände weg vom Wedding.


Leseempfehlungen:

[1] Das dazugehörige Statement des Frieda Frauenzentrums e.V. findet ihr hier.

[2] Zur gezielten Verleumdung und Kriminalisierung des Palästina-Kongresses empfehlen wir das Interview „Palästina ist der Lackmustest für die bürgerlichen Freiheitenmit der Rechtsanwältin Nadija Samour (junge Welt vom 20./21.04.2024); dieses ist hier zu finden.