Rotstift und Panzerfaust

Soziale Infrastruktur statt Steuergeschenke für Reiche und Waffen für die Bundeswehr.

Die jüngst angekündigten Sparmaßnahmen im Sozialbereich im Berliner Bezirk Neukölln zeigen, dass die herrschende Armutsregierung kein Interesse daran hat, soziale Ungerechtigkeit, Ungleichheit und Demokratiedefizite der bürgerlich-kapitalistischen Gesellschaft abzubauen. Statt die soziale und öffentliche Infrastruktur dieser Stadt im Interesse aller weiter auszubauen und damit der Armut, Prekarisierung und Ausbeutung entgegenzuwirken, verschärfen sich die sozialen Problemlagen und die Spaltung. Und zwar zwischen denen, die mit Niedriglöhnen, befristeten Verträgen und Teilzeitjobs auskommen müssen und der kleinen bürgerlichen Elite, die über Macht und Kapital verfügt.

Viele soziale Angebote in Berlin sollen gekürzt oder gestrichen werden – hier wird wieder „reingeholt“, was die Scholz-Regierung an Schulden für ein 2022 verkündetes 200 Milliarden „Entlastungspaket“ aufnahm. Der Berliner Haushalt sieht allein für den Bezirk Neukölln Einsparungen in Höhe von 22,8 Millionen Euro vor, was vor allem den Zuwendungsbereich im sozialen Sektor betrifft. Während einige soziale Leistungen gesetzlich verankert sind und nicht einfach gestrichen werden können, orientieren sich andere an politisch oft willkürlich definierten Bedarfen. Dazu gehören viele Kiez-Projekte, die direkt in den Stadtteilen wirken, aber auch Suchthilfe und Obdachlosenprojekte etc.. Hier zeigt sich einmal mehr, wie wenig die soziale Infrastruktur einer Großstadt wie Berlin gesetzlich abgesichert ist und wie schnell soziale Projekte, die über Jahrzehnte aufgebaut wurden, wieder gestrichen werden können.

Diese unsoziale und profitorientierte Politik, die dem daraus resultierenden Elend nur mit zeitlich befristeten Pop-up-Maßnahmen begegnet, spiegelt sich auch in den Arbeitsbedingungen der Beschäftigten im Sozialbereich wider: Niedrige Löhne, hohe Arbeitsbelastung, kaum soziale Absicherung und hohe emotionale Belastungen, die sich tagtäglich insbesondere auf die psychische Gesundheit der Sozialarbeitenden auswirken.

Die aktuellen Proteste der Kolleg*innen in der Jugendhilfe, die am 04.07.23 vor der Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie protestierten und bereits lange vor den kürzlich angekündigten Kürzungen die weißen Fahnen als Protestform aus den Büros heraus schwenkten, verweisen auf die bereits bestehende kapitalistische Dauerkrise.

Die unsicheren Arbeitsverhältnisse gerade in der Erziehung, Pflege und Sozialarbeit sind Ausdruck eines patriarchalen Kapitalismus, in dem Arbeit nur dann attraktiv gestaltet wird, wo möglichst viel Profit gemacht werden kann. Die Folge sind strukturelle Ungleichheit bei den Arbeitsbedingungen und der Entlohnung in den vermeintlichen Frauen*berufen, de Facto eine geschlechtsspezifische Diskriminierung.

Wir pfeifen aus dem letzten Loch

Die neoliberale Armuts- und Kriegspolitik der bürgerlichen Parlamente trifft letztlich diejenigen am härtesten, die auf soziale Dienste angewiesen sind und unter der täglichen Ausbeutung und Unterdrückung leiden. Sie trifft unsere Klasse, die mehrheitlich in schlecht bezahlten Jobs arbeitet, in prekären Wohnverhältnissen lebt und kaum Möglichkeiten hat, Geld für „schlechte Zeiten“ anzusparen.
Die Kürzungen treffen die Kinder und Jugendlichen, die in noch dreckigeren Schulen lernen sollen und danach auf kaputten oder gesperrten Spielplätzen ihre Zeit verbringen müssen, wenn es zu Hause zu eng ist und soziale Treffpunkte geschlossen werden. Der angekündigte soziale Kahlschlag trifft aber vor allem Hunderttausende Deklassierte, die bereits süchtig oder psychisch krank sind und sich dennoch in erster Linie für die kapitalistische Produktion verwertbar halten müssen. Letzlich sind wir alle Betroffen.

Deshalb lasst uns zeigen, dass wir uns nicht spalten lassen, sondern gegen die neoliberale Politik des Senats aufstehen. Widerstand gegen diese Poltik der Ausbeutung und Spaltung muss sichtbar sein und durch uns in unseren Stadtteilen organisiert werden. Pandemie und Krieg haben gezeigt, dass Geld da ist, die herrschende Poltik unterwirft sich aber den Kapitalinteressen. Sie sparen bei uns für den Profit der Reichen. Deshalb sagen wir: Soziale Infrastruktur statt Steuergeschenke für Benko & Co oder Waffen und Munition für die Bundeswehr.

Es ist eine Schande, dass Politiker*innen von den Grünen, über die SPD, bis zu Teilen der Linkspartei diese Sparpolitik mittragen, dabei die Bedürfnisse der Menschen in dieser Stadt tagtäglich auf dem Altar des Profits opfern und der deutschen Kriegspolitik den Rücken decken.

Es gibt eine Alternative

Im Oktober beginnen die Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst. Lasst uns die Kolleg*innen im sozialen Bereich, deren Arbeitsbedingungen bereits ohne Kürzungen miserabel sind, bei ihren Streikaktionen unterstützen und zeigen, dass wir alle auf die Straße gehen, wenn die soziale Infrastruktur dieser Stadt gekürzt werden soll.

Die aktuelle Politik erinnert an die Einführung des Neoliberalismus in den 1980er Jahren unter der damaligen konsverativen Premierministerin Margret Thatcher (Großbritannien) und das damit verbundene „TINA-Prinzip“ („There is no Alternative“ – „Es gibt keine Alternative“). Das heißt, wir wissen bereits, dass wir von Kapital und Staat nur Charity und Elensverwaltung erwarten können. Doch wir lassen uns nicht einschüchtern! Unsere Alternative heißt notwendigerweise Sozialismus und wir wissen, dass sie gemeinsam erkämpft werden muss.

Weg mit dem Profitregime! Soziale Dienste sind keine Ware. Es braucht sie, bedingungslos und ausfinanziert. Wir fordern, die Rüstungsausgaben und Steuergeschenke für Reiche zu stoppen und stattdessen die soziale Arbeit mit den dringend benötigten Geldern auszustatten. Soziales und Gesundheit statt Krieg und Profit. Lasst uns jetzt, aber auch im Herbst während der TVL-Tarifrunde gemeinsam auf die Straße gehen und zeigen, dass wir die Politik der Kürzungen und des Sozialabbaus nicht mittragen.

Unsere Solidarität und unser Zusammenhalt mit allen kämpferischen Kolleg*innen, die sich momentan im sozialen Bereich krumn buckeln und trotzdem organisieren. Und an alle die, die in dieser Stadt leben und tagtäglich die soziale und öffentliche Infrastruktur nutzen: Stoppt den Ausverkauf der Daseinsfürsorge und der sozialen Angebote! Für eine Stadt, in der soziale Gerechtigkeit, Solidarität und Menschenwürde an erster Stelle stehen.

Protestaktion der AG – Weiße Fahnen: Kollaps in der Jugendhilfe 
04.07.2023 | 09:00 Uhr | Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie
Bernhard-Weiß-Straße 6 ( Nähe Alexanderplatz)

Kundgebung gegen die Kürzungspläne des Bezirksamts 
05.07.23 | 17:00 Uhr | Bezirksamt Neukölln, Karl-Marx-Str. 83 in 12043 Berlin

Soziale Arbeit in die Offensive bringen! 
Gute Löhne statt Sparzwang! Kein Betrieb ohne Tarifvertrag! Soziale Infrastruktur für alle!
Demonstration | 21.10.23 | 14:00 Uhr | Rosenthaler Platz