Teil 1: Geschichten der Verdrängung

Wer ist dieser Skora? Ein Akteur der Verdrängung!

Was können wir tun? Solidarität mit bedrohten Mieter*innen zeigen!

Auf das Konto des Berliner Immobilieneigentümers Peter Alexander Skora und seiner Hausverwaltung gehen zahlreiche Verdrängungen von Mieter*innen, wie die von zwei Weddinger*innen. Sie wurden vor einem Jahr mithilfe des Amtsgerichtes Wedding aus ihrer Wohnung geworfen, obwohl die vorherigen mündliche Absprachen mit dem Eigentümer anderes versprachen.

Über ihre Erfahrungen, den eigenen Wohnraum in einer Stadt mit einem massiven Konkurrenzdruck auf dem Wohnungsmarkt, gewaltsam entzogen zu bekommen, haben beide betroffene Person, V. und S., Texte geschrieben. Sie sollen die Kälte und Brutalität dieses auf Profit und Rendite ausgerichteten Systems verdeutlichen.

Meine eigentliche unbeschwerte WG-Situation

Als ich 2013 nach Berlin gezogen bin, habe ich natürlich aus allen Ecken gehört, dass das sehr schwierig sei, ein WG-Zimmer zu finden. Ich wusste noch nicht, ob ich sofort einen Job finden würde und kann auch sonst keine Eltern vorweisen, die viel Geld besitzen. Deswegen habe ich ein WG-Gesuch geschaltet, statt alle WG-Angebote selbst zu durchforsten und habe tatsächlich eine tolle 3-er WG im Wedding gefunden. Das war noch mit einem Vertrag, in dem Untermieterwechsel wohl kein Problem gewesen sind, sodass ich mich auch ganz „normal“ beim Bürgeramt im Wedding als neue Anwohnerin melden konnte. 

Die Wohnung war zwar etwas heruntergekommen und außerdem antwortete der Vermieter Skora eh auf Nichts, sodass wir kleine Reparaturen an Dusche, Küche etc. einfach selber organisierten. 

Dass Skora sich nicht viel um die anderen Mieter*innen kümmert, habe ich im Laufe meiner WG-Zeit im Wedding auch von anderen Nachbar*innen gehört. 

Nichtsdestotrotz hatte ich ein Zuhause. Ich war gemeldet, habe meine Miete pünktlich überwiesen und hatte keine Angst, dass man mir auf einmal das Dach über dem Kopf wegnehmen würde. Ich selber würde mich als tolle Mieterin beschreiben, die nicht bei jeder Kleinigkeit Beschwerde einlegt, sondern einfach versucht einen unkomplizierten Umgang oder Lösung, die gut für alle ist, zu finden. 

Hauptmieterwechsel führt zur cholerischen Räumungsklage

Die unbeschwerte Wohnsituation hat sich nach zwei Jahren sehr plötzlich in eine sehr psychisch belastende Wohnsituationon geändert, als der Hauptmieter ausziehen wollte und ich mit meinem besten Freund eine 2-er WG aus der Wohnung machen wollte. Kurz gefasst war das ganze Skora schriftlich bekannt, sowohl die Kündigung des Hauptmieters als auch die Ankündigung für einen Hauptmieterwechsel. Wir haben ihm für den Hauptmieterwechsel ein schönes Portfolio von meinem besten Freund und mir fertiggemacht – mittlerweile hatte ich einen unbefristeten Vertrag mit Einkommen in einem Büro, auch mein Freund hatte einen guten Job an der Uni. Etwas erschreckend war, dass wir wie ein “typisches heterosexuelles gutbürgerliches Paar” wirken wollten. Unterbewusst ist uns schon immer klar gewesen, dass der Wohnunsgmarkt ein unfairer Konkurrenzkampf ist.

Skora hatte jedenfalls nach Sichtung unseres Spießer-Portfolios nichts dagegen, dass wir die Wohnung offiziell übernehmen – das ganze hat er uns sogar schriftlich mitgeteilt. Natürlich wollte er mehr Miete haben, woraufhin wir uns auf eine Verhandlung einliessen. Ich weiss garnicht mehr was er wollte, aber es war absurd viel Geld, sodass wir das erstmal vom Mieterschutzbund checken lassen wollten. Dieser und auch ein befreundeter Anwalt meinte zu uns, dass diese Erhöhung in keinster Weise gerechtfertigt sei. 

Am Ende hat er sich nach der Einwilligung über den Hauptmieterwechsel nicht mehr gemeldet, sodass es zu keiner Vertragsverhandlung und einen Vertragsabschluss kommen konnte, ausser dem konkludenden Mietvertrag, der sich durch unsere brave Überweisung der Mieten (Mietpreis des alten Vertrags) über Monate hinweg automatisch ergeben hat.

Wir hatten also einen konkludenten Mietvertrag und die schriftliche Zustimmung des Vermieters, was das Ende der Geschichte – nämlich dass wir erfolgreich aus der Wohnung geklagt werden konnten, für mich bis heute noch absurder macht. 

Skora ist bekannt dafür, dass er cholerische Züge hat: aus dem Nichts, nach 8 Monaten Funkstille und seiner Erlaubnis unseres offiziellen Einzugs, hatten wir Anfang 2016 direkt die Räumungsklage im Briefkasten. Ich will dabei betonen, dass wir Skora über Email, per Einschreiben, sogar per SMS versucht haben zu erreichen, um einen regulären Mietvertrag zu bekommen. Wir haben sogar bei WhatApp gesehen, dass sein Handy sehr wohl funktioniert.

Wie ist das Amtsgericht damit umgegangen?

Ich möchte garnicht so lange über das ganze bürokratische Prozedere reden – denn dieses Zitat des Amtsrichters trifft eigentlich ganz gut, wie wir vom Amtsrichter gesehen wurden: „Wenn Sie in einen Laden gehen und etwas klauen, können Sie nicht erwarten, dass Sie es nicht wieder zurückgeben müssen“. 

Vielleicht habe ich vergessen zu sagen, dass mich die Wochen vor dem Räumungstermin wirklich psychisch belastet haben. Die Ungewissheit, dass man innerhalb von vier Wochen ausziehen muss und man Gerichtskosten von ca 2000€ zahlen soll, hat mir natürlich Angst gemacht. Ich war hin und her gerissen „jetzt schonmal nach einem neuem Dach über dem Kopf zu schauen und aufzugeben“ oder den Optimismus für einen fairen Ausgang der Räumungsklage zu nicht zu verlieren – das hat mich fertig gemacht. 

Bei der ultraabsurden Aussage des Richters uns mit Ladendieben zu vergleichen, habe ich im Gerichtssaal jedenfalls angefangen zu weinen, weil ich das einfach nicht glauben konnte. Wir, die dem Vermieter für einen Mietvertrag hinterherlaufen mussten, über Jahre Reparaturen selber gemacht haben, weil er sich einen Scheiss um uns gekümmert hat, war also der Gute und wir die Bösen? Das konnte ich einfach nicht fassen.

Ab dem Zeitpunkt im Gerichtssaal war ich jedenfalls völlig neben der Spur und hab meinen Glauben an ein objektives Gericht aufgegeben – anscheinend zurecht, da sich hinterher im Prozessprotokoll bestätigte, dass unsere Beweise nicht einmal Erwähnung fanden. Dass wir eine schriftliche Einverständnis des Vermieters zu unserem Einzug hatten, dass wir ein Einschreiben losgeschickt haben, dass wir weiterhin die Miete bezahlen und um einen Vertrag bitten, die ganze Dokumentation unserer unerfolgreichen Kontaktaufnahme Skora gegenüber war quasi vor Gericht einen Scheiss wert. Gut – dann ist das ganze halt einen Scheiss wert, aber als Sahnehäubchen kommt hinzu, dass ich mich zu dem Zeitpunkt am Ende einer Psychotherapie befand und dadurch eigentlich ein Anrecht auf die Diskussion über eine Härtefallregelung hatte. Natürlich war auch das Ssheissegal. 

Meine alte Professorin hat mich getröstet mit dem Satz, dass ein Gericht nichts mit Gerechtigkeit zu tun hat. Schade, eigentlich.

Morgen folgt Teil 2 der „Geschichten der Verdrängung“, geschrieben von V.